Du fragst dich, wie du an Nachwuchs für dein Unternehmen kommst? Wie du potentielle Azubis ansprichst? Da hilft es natürlich, wenn du weißt, wie die junge Generation tickt. Wir haben die gefragt, die sich damit wirklich auskennen: Auszubildende im Handwerk. Wir stellen dir hier nun zwei Typen vor – und zeigen auf, wie du sie für dich gewinnen kannst.
Typ „Frischluft-Liebhaber mit Aufstiegsambitionen“
Maximilian Linde ist Azubi im dritten Lehrjahr. Der 20-jährige zeigt, dass auch für Abiturienten der Weg ins Handwerk attraktiv sein kann. Nach dem Abitur startete er mit der Ausbildung im Dachdeckerhandwerk– im Betrieb seines Vaters. Die Dachdeckerei Linde in Wolfenbüttel wurde 1936 gegründet und ist ein Familienbetrieb in dritter Generation. Max ist einer von sieben Azubis. Insgesamt arbeiten im Betrieb 23 Mitarbeiter, darunter zehn Gesellen und drei Meister.

Wolltest du schon immer Dachdecker werden? Warum hast du dich für eine Ausbildung im Dachdeckerhandwerk entschieden?
„Zunächst stand für mich nur fest, dass ich Abitur mache. Danach habe ich gemeinsam mit meinen Eltern verschiedene Wege gedanklich durchgespielt: Ausbildung, Meister oder andere Alternativen. Die Ausbildung eröffnet mir die Möglichkeit, später den Betrieb zu übernehmen. Ich habe vorher schon drei, vier Mal in den Ferien in der Firma gejobbt – das hat natürlich bei der Entscheidungsfindung geholfen. Mir macht das körperliche Arbeiten an der frischen Luft Spaß und das Betriebsleben finde ich ebenfalls sehr angenehm.“

Sind viele deiner ehemaligen Klassenkameraden heute im Handwerk tätig?
„Nein, die mit mir Abitur gemacht haben, nicht. Da bin ich der einzige, der ins Handwerk gegangen ist. Die meisten haben andere Ziele. Viele wollen möglichst viel verdienen, jedoch wenig dafür tun – das scheint zunächst im Handwerk nicht möglich.“
Da muss das Handwerk also zeigen, dass es auch hier möglich ist, gutes Geld zu verdienen.
„Ja, und ich glaube auch, dass der Weg bis zum Meister vielen gar nicht bewusst ist. Auch die verschiedenen Möglichkeiten der Weiterbildung sind sehr wenig bekannt. Mittlerweile gibt es zudem interessante Kombinationen mit betriebswirtschaftlichen Zusatzqualifikationen. Die Wege nach der Ausbildung sind vielfältig – und das wissen viele nicht.“

Mit welchen Argumenten sollten Betriebe für das Dachdeckerhandwerk werben?
„Es gibt sehr viele spannende, abwechslungsreiche Aufgabenfelder. Draußen und körperlich Arbeiten spricht mich und wahrscheinlich auch andere ebenfalls an. Zudem ist man immer auf Achse und viel unterwegs. Kein Tag ist wie der andere – man lernt immer wieder etwas Neues. Und man sieht am Ende des Tages, was man geschafft hat.“
Wie wurdest du in der Schule über mögliche Berufswege informiert?
„Es gab die klassischen Berufsbildungstage. Auch hab ich ein Praktikum gemacht – in einer Ingenieurgesellschaft in Braunschweig. Berufsfindungsmessen habe ich auch besucht und wir hatten einen Schnuppertag an der Uni. Unterschiedliche Studiengänge wurden dabei vorgestellt. Spezielle Informationen für einen Einstieg ins Handwerk hat es aber nicht gegeben.“

Wie wirkt sich denn dein Abitur auf die Ausbildung aus? Haben noch andere in deiner Berufsschulklasse Abitur?
„Ich konnte damit auf zwei Jahre verkürzen und merke, dass ich es in der Berufsschule schon deutlich leichter habe als andere. Viele Themen habe ich schon auf dem Gymnasium durchgenommen. In meiner Klasse bin ich der einzige mit Abitur.“
Und wie sieht das bei euch im Betrieb aus? Bist du der einzige Auszubildende derzeit?
„Nein, wir sind sieben Azubis – die anderen waren vorher auf der Real- oder Hauptschule.“
Welche Aufgaben machen den Job attraktiv? Was macht eher weniger Spaß?
„Aufräumen auf der Baustelle kurz vor Feierabend ist sicherlich etwas, auf das keiner so richtig Lust hat. Das „Dreck-weg-machen“ ist eben so eine typische Azubi-Aufgabe, die eher unbeliebt ist. Auch Schutt- und Unterdeckarbeiten sind jetzt nicht so toll. Besonders gut finde ich, dass es ein abwechslungsreicher Job ist – und genaues und präzises Arbeiten gefordert ist. Ich mag es auch, dass man schnell viel praktisch ausprobieren kann. Wenn man einmal besondere Events wie Seminare oder eine Messe mitnehmen kann und dabei sein darf, ist das sicherlich auch ein Highlight in der Ausbildung.“

Wie glaubst du, hat sich das Dachdeckerhandwerk in den letzten Jahren gewandelt?
„Vieles in der täglichen Arbeit ist einfacher geworden – beispielsweise durch die Akkutechnik oder Alternativen zu Kompressoren und Druckluftgeräten. Auch wird, glaube ich, mehr mit Ziel und Plan gearbeitet und eine vernünftige Betriebsführung ist wichtiger geworden. Qualitätsstandards spielen auch eine Rolle – insgesamt ist die Arbeit, denke ich, zielgerichteter und professioneller.“
Ist es leichter oder schwerer, die Ausbildung im elterlichen Betrieb zu machen?
„Aus meiner Sicht ist es leichter – ich komme in bekannte Strukturen und weiß, dass ich hier etwas lerne. Zudem habe ich zu vielen Kollegen ein freundschaftliches Verhältnis, da ich sie bereits lange kennen. Ich duze alle, was es im Alltag und bei der Zusammenarbeit leichter macht. Man muss auch sagen, dass andere Betriebe einen eventuell nicht nehmen wollen, wenn klar ist, dass man später wieder wechselt.“
Was macht die Dachdeckerei Linde, um potentielle Azubis anzuwerben?
„Wir schalten zum Beispiel Radiowerbung. Bei 89.0 RTL hier in Wolfenbüttel gibt es eine Rubrik „Job der Woche“ – da waren wir mehrfach vertreten und hatten da durchaus eine sehr gute Resonanz. Wir haben auch kleine Filme gedreht und sind mit einer Werbekampagne in einer regionalen Online-Zeitung aktiv. Zudem sind wir in Zeitungen und im Internet vertreten. Generell betreiben wir viel Aufwand, was das öffentliche Auftreten angeht. In Kürze werden wir auch in den Social-Media-Kanälen aktiv.“
Was hast du nach der Ausbildung vor?
„Vielleicht gehe ich noch einmal ins Ausland. Ansonsten werde ich erst einmal weitere Praxiserfahrung sammeln, meine Gesellenzeit machen und irgendwann dann meinen Meister. Und ich kann mir gut vorstellen, noch den Betriebswirt im Dachdeckerhandwerk zu machen – und damit dann quasi Managerkompetenz zu erlangen.“
Und dann löst du irgendwann deinen Vater ab?
„Ja, das hat aber noch ein wenig Zeit – er ist erst Mitte 50 und wird sicherlich noch eine Weile den Betrieb leiten. Aber ich möchte auf jeden Fall gut darauf vorbereitet sein, wenn es dann vielleicht irgendwann der Fall ist.“

Wie gewinnst du einen „Frischluft-Liebhaber mit Aufstiegsambitionen“ für deinen Betrieb?
Körperliche harte Arbeit schreckt den „Frischluft-Liebhaber mit Aufstiegsambitionen“ nicht ab. Dabei ist ihm jedoch eine Perspektive wichtig: Er ist ehrgeizig und möchte viel lernen, um Erfahrungen zu sammeln – und sich dann auch weiterentwickeln. Du musst ihm erklären und aufzeigen, welche Möglichkeiten er bei dir im Betrieb hat. Zudem sollte er wissen, dass er bei dir Unterstützung findet.
Typ „Schaltschrank-Fanatiker“
Florian Dürr ist Azubi im vierten Lehrjahr. Mit dem Realschlussabschluss in der Tasche startete der heute 20-jährige nach der 10. Klasse bei Elektro Kaas in Ansbach mit seiner Ausbildung zum Elektroniker. Der Betrieb wurde 1949 gegründet und hat derzeit 42 Mitarbeiter. Florian ist einer von zehn Azubis.
Wie bist du zum Elektrohandwerk gekommen?
„Die Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Vielleicht liegt es darin begründet, dass ich schon immer ein Tüftler war und technisch interessiert bin. Es hat mir schon immer Spaß gemacht, mich mit Problemstellungen zu beschäftigen, deren Lösung nicht gleich auf der Hand liegen. Vielleicht kam das aber auch durch meinen Vater. Der ist nämlich als Kfz-Mechaniker ebenfalls im Handwerk beschäftigt.“

Foto: Elektro Kaas GmbH
Und wie bist du auf Elektro Kaas gekommen?
„Das kommt durch mein persönliches Netzwerk. Einen meiner heutigen Kollegen kannte ich schon früher. Er hat mir von seiner Arbeit erzählt und mich so auf den Betrieb hier aufmerksam gemacht.“
Was spricht aus deiner Sicht für eine Ausbildung im Elektrohandwerk?
„Ich glaube, dass die Perspektiven außerordentlich gut sind. Es ist ein total zukunftsorientierter Job. Schließlich wird Strom quasi immer und überall benötigt. Zudem gibt es keinen wirklichen Alltag. Die Arbeit ist abwechslungsreich und herausfordernd zugleich.“

Foto: Elektro Kaas GmbH
Was macht dir besonders Spaß? Was eher weniger?
„Schlitzen finde ich nicht so super – eben alle dreckigen Arbeiten. Am meisten mag ich es, Schaltschränke zu bauen.“
Wie, glaubst du, hat sich der Job in den letzten Jahrzehnten gewandelt?
„Wie eigentlich überall im Handwerk waren die Arbeiten auch im Elektrohandwerk früher vermutlich körperlicher. Vieles wird heute durch moderne Techniken und Werkzeuge deutlich erleichtert– zugleich ist der Job umfangreicher geworden, denke ich. Ich meine, die Anforderungen der Auftraggeber sind vielleicht komplexer als damals.“
