10 Tipps für die erfolgreiche Azubi-Suche

Veröffentlicht von
Geschätzte Lesedauer: 8 Minuten

Egal, mit welchem Handwerksbetrieb man in Deutschland spricht: Nachwuchssorgen treiben fast alle um – weit mehr als dies früher der Fall war. Zugleich sind die Auftragsbücher voll. Ein Teufelskreis: Je eingespannter wir mit dem Tagesgeschäft sind, desto schlechter können wir uns um die Azubi-Suche kümmern. Oft sind wir sogar überzeugt davon, dass der Markt gar keine „vernünftigen“ Kandidaten mehr hergibt – es somit auch überhaupt keinen Zweck hat, sich intensiver mit dem Mitarbeiterproblem und vor allem seinen Folgen auseinanderzusetzen.

Doch die fehlende Azubi-Einstellung heute ist die akute Mitarbeiterkrise von morgen. Wer sich in Zeiten des Fachkräftemangels nicht um Mittel und Wege kümmert, auf die junge Generation zuzugehen, hat eher früher als später viel größere Probleme als heute. Es ist somit an der Zeit, die Suche strategisch anzugehen. Untenstehende Tipps sollen dabei helfen, den Blick für das Relevante zu schärfen und der Herausforderung Mitarbeitergewinnung erfolgreich zu begegnen.

Denn du bist in der Verantwortung: für deinen Betrieb, deine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und deine eigene Zukunft.

Du stehst jeden Tag selbst auf der Baustelle? Du bist nah am Geschehen, hast den Einblick in jedes Projekt und kontrollierst alle Ergebnisse, denn Qualität ist dir wichtig. Das ist grundsätzlich natürlich auch gut und lobenswert, dennoch hilft es, einen Schritt zurück zu gehen – du brauchst Zeit, in der du dich mit strategischen Führungsaufgaben befasst – wie etwa die Weiterentwicklung deines Betriebs und die Azubi-Suche. Wenn du dir keine Zeit nimmst, Ideen und Lösungen für übergeordnete Aufgaben zu finden, können auch keine Veränderungen eintreten. Du läufst mit allen anderen Marktteilnehmern im Hamsterrad.

Wenn du jetzt meinst, dass sowas ja in den Abendstunden oder am Wochenende stattfinden kann – schließlich heißt es ja „selbst“ und „ständig“ – täuschst du dich. Denn bei manchen Ansätzen hilft es, wenn du direkt zum Telefonhörer greifen kannst und ein unmittelbares Feedback erhältst, bevor die Idee im Alltagsgeschäft untergeht oder im Sande verläuft.

Nimm dir Zeit für die Führungsaufgaben und suche den direkten Kontakt.

Damit du die Zeit für die Azubi-Suche findest, musst du Aufgaben abgeben. Überlege, welche Arbeit delegiert werden kann – und spreche mit der betreffenden Person darüber. Wenn dein Betrieb in der letzten Zeit stark gewachsen ist, musst du ganz besonders über die Aufgabenverteilung nachdenken. Welche Rolle spielt dabei ein Azubi? Welche Aufgaben würdest du ihm gerne von Anfang an geben? Hat er eine feste Bezugsperson im Team? Hast du mit dieser deine Pläne schon besprochen?

Du musst nicht nur einen Plan haben, wer welche Baustelle in der kommenden Woche übernimmt, sondern wer welche Kompetenzen in deinem Team hat – dann fällt auch die Zuordnung von übergeordneten Aufgaben leichter. Und du kannst einem potentiellen Auszubildenden klarer vermitteln, was ihn bei euch erwartet. Je transparenter dies ist, desto leichter fällt es, Kandidaten von deinem Betrieb zu überzeugen und für die Arbeit in deinem Team zu begeistern.

Mache dir Gedanken über die Aufgabenverteilung im Betrieb. 

Deine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten hoffentlich gerne bei dir – und sind damit die besten (Marken-)Botschafter für deinen Betrieb. Sie alle verfügen über private Kontakte. Je breiter dabei die Information gestreut wird, dass ihr einen Ausbildungsplatz anbietet, desto besser. Dafür müssen aber alle im Team Bescheid wissen.

Bist du selbst privat gut vernetzt? Bist du sportlich aktiv im Verein? Auch hier bietet sich die Möglichkeit, unkompliziert und direkt mit Jugendlichen in Kontakt zu treten – oder zumindest mit ihren Eltern.

Entwerfe einen kleinen Aushang. 

Setze dich mit den Schulen in der Umgebung in Verbindung und biete ihnen an, dein Handwerk und die alltäglichen Aufgaben in den Klassen, die kurz vor dem Abschluss stehen, vorzustellen. In der Regel freuen sich Lehrerinnen und Lehrer über dieses Angebot, denn es erweitert den Horizont der Schüler und ermöglicht den direkten Austausch.

Biete in diesem Zuge auch Praktikumsplätze an. Egal, ob eine Praktikantin oder ein Praktikant sich danach tatsächlich bei dir auch auf einen Ausbildungsplatz bewirbt oder nicht: Du hast während des Praktikums die Chance, einen weiteren Botschafter für dein Unternehmen zu gewinnen. Sei dir dessen bewusst und sorge dafür, dass das Praktikum ein positives Erlebnis wird.

Mache dich interessant – gehe auf die Zielgruppe zu und suche den direkten Kontakt. 

Wenn du selbst bereits Auszubildende hast, kannst du sie dabei unterstützen „Ausbildungsbotschafter“ zu werden. Die Initiative der Industrie- und Handelskammern vermittelt Lehrlinge an allgemeinbildende Schulen. Dort informieren Sie über die berufliche Ausbildung, ihre Arbeit und Aufgaben. Ausbildungsbotschafter können Auszubildende im zweiten oder dritten Lehrjahr werden, denn sie sollen bereits erste Erfahrungen im Berufsalltag gemacht und auch den ersten Prüfungsmodus hinter sich gebracht haben. Bei vielen örtlichen IHKs gibt es einen zentralen Ansprechpartner, der sich um die Koordination kümmert. Es werden regelmäßig Schulungen für die Ausbildungsbotschafter angeboten. Wer sich in der Initiative engagiert, erhält eine entsprechende Teilnahmebestätigung. Verbessert werden dabei aber auch die Kommunikation, Präsentationstechniken und ähnliches – Fähigkeiten, die uns im Betriebsalltag zu Gute kommen. Du musst allerdings dabei auch etwas leisten: Du solltest deine Auszubildende, die an dem Programm teilnehmen möchten, bestmöglich inhaltlich unterstützen und musst sie natürlich für die Einsätze in den Schulen freistellen.

Unterstütze deine Auszubildenden bei der Tätigkeit als „Ausbildungsbotschafter“. 

Facebook, Instagram, YouTube – Kommunikation auf Social-Media-Kanälen gehört für Jugendliche zum Alltag. Wenn du hier noch keine Präsenz für deinen Betrieb hast, wird es allerhöchste Zeit. Das alleine reicht natürlich noch nicht. Die Kanäle müssen auch regelmäßig gefüttert werden. Berichte authentisch aus deinem Alltag. Jeder Post sollte auch ein Bild haben. Wenn du Bilder auf Baustellen machst, solltest du allerdings bei deinem Auftraggeber nachfragen, ob du diese nutzen darfst. Übrigens: Facebook bietet auch die Möglichkeit, kostenfrei Jobanzeigen auf deiner Seite einzustellen. Die Bewerbung über die Plattform ist sehr unkompliziert und reduziert daher die Hemmschwelle bei vielen potentiellen Kandidaten. Mit den heutigen Smartphones ist es sehr unkompliziert, ein Video zu erstellen – biete deinen Ausbildungsplatz doch einmal als Videobotschaft an. Das ist authentisch, zeitgemäß und vermittelt direkt einen persönlichen Eindruck.

Nutze Social-Media-Plattformen, um aus deinem Alltag zu berichten. 

Wenn Facebook, Instagram & Co. böhmische Dörfer für dich waren, ist deine Internetseite eventuell die erste Baustelle, die du angehen musst. Denk generell einmal darüber nach: Wie alt ist die Webpräsenz eigentlich? Bei zehn Jahren und mehr drängt sich der Verdacht auf, dass sie nicht mehr zeitgemäß ist. Trends im Design und der Menüführung sind schnelllebig – wer hier jedoch mit einer veralteten Seite unterwegs ist, vermittelt einen altbackenen Eindruck. Denn längst sind Internetseiten keine starre Visitenkarte mehr im WWW. Am besten kommen Seiten an, die „leben“. Das heißt, dass auch hier regelmäßig Neuigkeiten oder Berichte aus dem Alltag eingestellt werden – diese lassen sich übrigens wiederum gut für die Verlinkung von Beiträgen bei Facebook, Instagram & Co. nutzen. Das ist so gar nicht dein Thema? Dieses lästige Übel lässt sich auch an Dienstleister abgeben – zudem unterstützen auch einige Einkaufsgenossenschaften und große Handelshäuser das Handwerk beim Online-Auftritt. Wenn sich Azubis über deinen Betrieb informieren wollen, führt ihr Weg meist auch auf deine Webseite – und auch da hast du nur eine Chance, einen ersten Eindruck zu vermitteln. Unterschätze daher die Möglichkeiten des Internets nicht.

Sorge dafür, dass deine Webpräsenz zeitgemäß ist. 

Nicht nur Jugendliche, sondern auch ihre Eltern sollten deinen Betrieb kennen – denn sie sind oftmals erste Ansprechpartner und wichtige Berater bei der Berufswahl. Deine Außenkommunikation muss also in viele Richtungen gehen. Dein Betrieb muss zur wiedererkennbaren Marke werden, um bekannt zu sein. Ein einheitliches Auftreten vom Briefkopf bis zur Anzeige in der Lokalpresse ist dabei wichtig. Du hast mindestens ein Firmenfahrzeug; als Dachdecker eventuell auch Hebetechnik bis hin zum großen Kran – mach diese ebenfalls zum Botschafter deines Unternehmens. Ein wiedererkennbares Design sorgt dafür, dass du im Gedächtnis bleibst. Zugleich kannst du Baustellenplanen, Fahrzeugbeschriftung etc. auch dazu nutzen, offene Ausbildungsplätze zu kommunizieren.

Entwickle deinen Betrieb zu einer Marke – mit einem Design das im Gedächtnis bleibt. 

Das Handwerk hat einen schlechten Ruf – oftmals spielt dabei die körperliche Arbeit eine zentrale Rolle. Überlege, wo du deinen Alltag mit moderner Technik bereits leichter gemacht hast – und wo du vielleicht noch Anschaffungen tätigen solltest. Das trägt zur Zufriedenheit deiner jetzigen Mitarbeiter bei. Zugleich hast du aber auch weitere Argumente auf deiner Seite, warum ein Schulabgänger genau bei dir anfangen sollte. Er wird dann nämlich nicht nur die „letzte Drecksarbeit“ machen, sondern erhält auch Einblick in technische Lösungen. Hast du als Dachdecker eine Kranflotte ist das somit durchaus ein Argument, das für deinen Betrieb spricht. Schließlich wird schweres Gerät und Material so auf das Dach transportiert und muss nicht mühsam hochgetragen werden. Ein anderes Beispiel ist der Einsatz von modernen Werkzeugen. Nagelgeräte bieten eine Alternative zum klassischen Bohren und Dübeln. Daher lassen sich Befestigungsarbeiten an der Decke nahezu staubfrei und geräuscharm ausführen. Das ist natürlich wesentlich komfortabler. Solche Aspekte deines Arbeitsalltages solltest du auch kommunizieren, damit potentielle Azubis wissen, dass dir Arbeitsschutz, -sicherheit und -komfort wichtig sind. Schließlich möchte niemand einen Job anfangen, bei dem ihm eine Staublunge oder der Bandscheibenvorfall droht. Wirke diesen Klischees direkt argumentativ entgegen.

Setze im Alltag auf moderne Technik und Werkzeuge. 

Natürlich solltest du auch das Jobcenter nicht vergessen. Bietest du regelmäßig einen Ausbildungsplatz an, wird man sich wahrscheinlich auch direkt bei dir melden und nachfragen, ob der Platz noch frei ist. Schulabgänger, die beispielsweise lernbeeinträchtigt sind oder aus anderen Gründen nicht über die erforderliche Befähigung zur Ausbildung verfügen, können im Rahmen einer betrieblichen Einstiegsqualifizierung an eine Ausbildung in deinem Betrieb herangeführt werden. Diese startet am 1. Oktober eines jeden Jahres und läuft über sechs bis zwölf Monate. Diese Maßnahme wird vom Jobcenter oder der Arbeitsagentur gefördert. Meist ist den Kandidaten sehr bewusst, dass sie damit eine besondere Chance erhalten – und sie erweisen sich daher als sehr motiviert.

Nutze die Maßnahmen des Jobcenters. 

Mach Dir bewusst, dass die Aufgabe Mitarbeitergewinnung und die Beherzigung der aufgeführten Tipps kein Kurzstreckenlauf sind und du am besten bereits morgen alle Probleme gelöst hast. Vielmehr sind es Themen, die Teil einer mittelfristig angelegten Strategie und Unternehmenspositionierung sind. Wenn du dennoch keinen Azubi findest und alle Maßnahmen nicht fruchten, konzentriere dich zunächst auf dein bestehendes Team. Erinnere dich an deine Zeit als Angestellter – welche Aufgaben hast du ungern übernommen und warum? Können diese heute eventuell anders durchgeführt werden? Überlege, wo es Möglichkeiten gibt, effizienter zu arbeiten, um mittelfristig mehr Aufträge annehmen zu können. Gestalte den Arbeitsalltag so komfortabel wie möglich – es gibt viele technische Möglichkeiten, die den Baustellenalltag nicht nur schneller, sondern auch deutlich angenehmer gestalten. Damit erhältst du die Arbeitsfähigkeit und Motivation deiner Mitarbeiter.